Überspringen zu Hauptinhalt
Viviers

Cruas – Avignon / Tage 16 – 18

14. – 16. Juni 2019

Tag 16: 14. Juni 2019 / Cruas – Pont-Saint-Esprit 63 km
Wache mitten in der Nacht auf, habe geträumt eine Lok(omitive) zu fahren/steuern. Ist das ein Zeichen? Mitten in der Nacht nehme ich mein Smartphone und suche nach Stellen/SBB und tatsächlich suchen sie wieder etliche Lokführer zur Ausbildung an verschiednen Standorten, unter anderem sogar in Zürich. Entschliesse mich, mich nun doch zu bewerben – versuchen kann ich’s ja – trotz Alter. Schliesslich ist es mein Traum – also! Nur, das Inserat bereits ist seit dem 28.3. aufgeschaltet, muss ich jetzt wohl sofort nach Hause… Stress. Nun wie auch immer, übermorgen bin ich in Avignon, so lange habe ich Zeit, das Wochenende steht ja sowieso vor der Tür – also kann ich den Entscheid wiedermal mit aufs Velo nehmen 😉… das alles mitten in der Nacht. Versuche nochmals zu schlafen, aber so recht will’s nicht mehr zur Ruhe kommen. Halb sechs krieche ich aus dem Zelt, der Himmel nun stark bewölkt, nachdem ich mitten in der Nacht noch Sterne gesehen hatte. Kommt wohl wie vorhergesagt der Regen und das Gewitter auf 8 Uhr? Hmmm… ich prüfe aus Aussenzelt, es ist trocken, nur oben auf der Innenseite leicht feucht. Entschliesse mich zusammenzupacken, jetzt ist alles noch trocken… wenn’s dann mal nass ist dauert’s seine Weile bis es dann wieder getrocknet ist. Der Himmel im Norden wird immer dunkler. Inzwischen geübt, bin ich um viertel vor Sieben fertig. Steige auf’s Velo gerade als mich ein erster Tropfen trifft… shit! Na ja, wenigstens Zelt im Trocknen. Versuche trotzdem loszufahren, aber kaum aus dem Zeltplatz fängt es doch heftiger an zu regnen. Zurück zu den Sanitäranlagen, dort hat es ein etwas grösseres Vordach. Ziehe meine Hosen aus, die Regenhosen an, hat sich so bewährt, anders wär’s zu heiss. Regenjacke und Schuhschutz… also volle Regenmontur. Das ist auch nötig, da der Regen inzwischen heftig vom Himmel prasselt. Also, dann halt, los… in strömendem Regen um die grosse Atomkraftwerkanlage von Cruas… zu dutzenden fahren die Autos auf das Gelände, ihre Besitzer zur Arbeit. Nach 12 Kilometern kommt Rochemaure, ob’s hier wohl einen Café gibt, grosse Hoffnung mach ich mir nicht, der Ort scheint auf der Karte sehr klein zu sein. ABER… das täuscht, grosse Bäckerei inklusive Tischchen um Café au Lait zu trinken. Gönne mir ein halbe Stunde im Trocknen… schliesslich ist’s noch sehr früh. Der Regen hat nicht aufgehört als ich wieder nach draussen gehe… fahre trotzdem… hart im Nehmen. Nach Rochemaure gleich eine Hängebrücke, ist mir nie ganz geheuer auf diesen sich schnell leicht bewegenden Brücken. Weiter geht’s der Rhône entlang, lasse Montélimar links liegen. Ein voll beladener Frachtkahn kämpft sich langsam den schnell strömenden Fluss hinauf. Vorbei an einem weiteren Flusskraftwerk, die wie eine Festung dem Fluss widersteht und ihn aufhält um seine Energie zu nutzen. Dann in der Ferne schon wieder so ein Städtchen auf dem Hügel mit einer riesigen Kathedrale, Viviers steht auf der Karte. Rolle langsam über die Brücke auf den Ort zu. Der Weg biegt eigentlich links ab um der Rhône entlang zu folgen. Aber es ist erst etwa halb zehn und ich bin schon die Hälfte meiner heutigen Etappe gefahren… habe also viel Zeit. Also dann: rauf auf den Hügel… schiebe das Velo durch enge Gassen, die Pflastersteine sind rutschig von der Nässe… es hat übrigens aufgehört zu Regnen! Schliesslich lasse ich das Velo unter einem Torbogen stehen und gehe zu Fuss weiter auf eine grosse Terasse von der ich über das ganze Dorf mit seinen schönen Dächern sehe. Die Kathedrale Saint-Vincent wirklich gross für so einen kleinen Ort. Aber der Ort ist die Hauptstadt des Vivarais und seit dem 5. Jahrhundert als Sitz der Diözese Viviers ein wichtiges religiöses Zentrum mit Privilegien, die ihm im 9. Jahrhundert von den Königen Karl dem Kahlen († 877) und Lothar († 986) gewährt wurden (Wikipedia sein gedankt ☺️). Es bleibt trocken und so rolle ich nach der Besichtigung von Viviers weiter Richtung Pont-Saint-Esprit meinem heutigen Ziel. All diese kleinen schönen Orte, früher immer vorbeigefahren. Durch die nasse Landschaft, durch Wäldchen, an Getreidefeldern vorbei komme ich schliesslich am Mittag nach Bourg-Saint-Andéol. Etwas unschlüssig rolle ich durch’s Dorf bleibe am Hauptplatz stehen und überlege mir ob ich heute mal ausnahmsweise in einem Restaurant richtig zu Mittag Essen soll… schliesslich ist das Frühstück schon lange her und danach nur noch 16 km bis Pont-Saint-Esprit. Ja… ich gönne mir das und esse einen wirklich frischen Salade Saison… inklusive Kaffee „Chez Nel” und dann gibt’s doch tatsächlich schon am Mittag eine Zigarette. Danach weiter, etwas abseits der Rhône durch Felder, Weinreben und Wäldchen. Vor Pont-Saint-Esprit komme ich sogar am ersten Lavendelfeld vorbei… es wird südlich! Obwohl der Himmel jetzt blau ist suche ich mir ein Hotel, da sie für die Nacht nochmals heftige Gewitter und Regen vorhersagen. Im Hotel du Commerce werde ich fündig und freundlich Empfangen. Nehme eine Dusche und leiste mir die Freiheit eines Schläfchen 😀… dann ziehe ich bei wunderschöner Abendstimmung durch das Städtchen… beobachte das Treiben in der Bar beim Apéro… und… esse doch tatsächlich noch zu Abend… trotz Mittagessen.

Tag 17: 15. Juni 2019 / Pont-Saint-Esprit – Avignon 64 km
6 Uhr, was ist das für ein Krach da draussen…. ach ja, es ist Markt, die stellen ihre Stände auf. Und so ist es, als ich dann um 7 zum Fenster raus schauen sind sie tatsächlich am aufbauen für den Samstagsmarkt in Pont-Saint-Esprit. Nach dem Frühstück… Fernseher läuft, wie fast überall am morgen in Frankreich mit den Morgennachrichten, aber so kann ich das Wetter studieren… am morgen sollte es trocken bleiben… über den Cevennen braut sich dann was zusammen und so gegen 14 Uhr könnte sich das Ganze ins Rhônetal verschieben… also sollte ich schauen, dass ich vor 14:00 Uhr in Avignon bin. Wobei auf dem Bild sah es so aus als läge Avignon schon zu weit südlich und werde von dem Ganzen eventuell verschont… warten wir’s ab. Trotzdem… lasse mir einen Gang durch den Markt nicht nehmen. 8 Uhr und die sind… na ja, noch nicht ganz bereit… keine Frühaufsteher… Die Strassen übrigens noch ganz nass, es hat also trotz dem schönen gestrigen Abend, in der Nacht offenbar nochmals heftig geregnet, das Hotel hat sich bezahlt. Es ist wie immer eine wahre Freude durch so einen Markt zu schlendern… und, es ist ein richtig Grosser! So wird es doch fast halb zehn bis ich abfahre… Richtung Avignon. Wie gehabt, Felder, Weiden, Wäldchen und Rhône… der Himmel leicht bewölkt, sehr angenehme Temperatur zum Fahren. Dann schon in Caderousse… schönes Dörfchen… Zeit für meinen Café au Lait ohne Croissant… dann weiter Richtung Chateauneuf du Pape, geht ein bischen den Hügel rauf auf dem das berühmte Weindörfchen liegt… so viele Weinstöcke! Reben so weit das Auge reicht, wunderschön… Mit Sorge beobachte ich die dunklen Wolken im Westen, da braut sich wirklich was zusammen. Gerate ein bisschen in Hektik, möchte nicht in ein Gewitter kommen. Und so trete ich kräftig in die Pedalen, geht ja nun auch, nach Chateauneuf, den Berg wieder runter 😉. Dann kommt schon Sorgues, ein Vorort von Avignon. Ein bischen „puffig“ und chaotisch, nicht’s Schönes, dann übergangslos nach Le Pontet, ebenfalls Vorort… grosse Strassen, Autobahn, Eisenbahn, wobei der Veloweg immer sehr gut ausgeschildert ist, dass muss ich sagen, ansonsten wäre ich in dem Puff auch verloren! Trotzdem, wie gross ist denn diese Avignon eigentlich. 100’000 Einwohner, wovon 15’000 innerhalb der alten Stadtmauern leben, alle Anderen ausserhalb. Schliesslich komme ich in die Gemeinde Avignon und von da an gibt es einen schönen Fuss- und Veloweg „le chemin de canaux“, der mich sicher und friedlich bis vor die Stadtmauer führt. Von da ist es ein Leichtes das Apporthotel Les Cordellieres zu finden. War in Lyon schon mal in so einem Apparthotel, gibt es immer mehr. Die Zimmer haben immer eine kleine Küche und einen Kühlschrank. Ist ganz praktisch… und günstig, 50 EUR das Zimmer, wäre zu zweit EUR 25.00. Les Cordellieres hat sich in einem alten Krankenhaus eingerichtet. Hat viele junge Leute, nehme an Studenten. Avignon hat eine Universität, eine internationale Theaterschule und eine Kunstschule. Denke da werden auch einige Studenten solche Zimmer belegen. Werde sehr freundlich Empfangen und die junge Frau, Maryse, zeigt mir auch wo ich mein Velo einschliessen kann und gleich auch wo ich die Wäsche waschen kann… inzwischen nämlich nötig… super. Während die Waschmaschine wäscht gehe ich mir einen Salat, ein Stück Käse, ein Brot und ein Fläschen Wein kaufen… habe beschlossen auf meinem Zimmer zu Abend zu Essen. Für ein Bierchen reicht’s dann aber doch noch draussen. Schlendere durch die Gassen von Avignon… fühle mich sehr wohl in dieser Stadt….

Tag 18: 16. Juni 2019 / Pause in Avignon
Da die Wettervoraussagen für heute Sonntag Nordwinde = Mistral von 70/80km/h vorausgesagt haben, habe ich beschlossen aus dem Sonntag also Sonntag zu machen. Nach dem Petit-Dej streife ich durch die Gassen des sonntäglichen Avignons, lasse mich einfach treiben, es ist ruhig, die meisten Läden geschlossen. Der Wind bläst wirklich sehr kräftig und auf freiem Feld wäre es mühsam zu fahren, vor allem auch wegen dem Staub der da rumfliegt. Die Leute fahren mit ihren Autos trotzdem raus aus der Stadt auf’s Land. Ein kleiner Flohmarkt am Place des Carmes. Bin, bewusst, erst zum zweiten Mal in Avignon, das letzte Mal im Herbst 2016 (?)… erst jetzt fallen mir die vielen vielen kleinen Theater auf. Das hat sich vermutlich durch das jährliche Theaterfestival im Juli, dass bereits seit den 1940er Jahren stattfindet, so ergeben. Gehe von hinten her auf den Rocher des Doms, dem Park auf dem Hügel hinter dem Papstpalast. Beim Café im Park beobachte ich die Touristen und lasse die Gedanken im Wasserrauschen des Springbrunnens treiben. Den Nachmittag verbringe ich in meinem Zimmer, schreibe die obigen Zeilen und mache eine sonntägliche Siesta. Am Abend entdecke ich in den Gassen ein ganz kleines Restaurant, das heisst es ist mir bereits gestern aufgefallen wegen der Salsamusik. Es liegt direkt neben einem kleinen (Garagen-)Theater „Le Cabestan”. Während dem Apéro und den selbstgemachten Raviolis mit Salat beobachte ich die Theaterbesucher, die sich langsam einfinden. Gegen halb neun werden es immer mehr, also soviele wie eben in so ein Kleintheater hineinpassen und irgendwie scheinen sie sich alle ein bisschen zu kennen. Küsschen links und rechts, immer auch die Männer untereinander, reges diskutieren. Schliesslich um 20:30 verschwinden alle in der Garage, der Blechrouleau wird runtergelassen und in der Gasse herrscht wieder sonntägliche Ruhe.

Und diesmal die Bilder gleichzeitig, aber in zwei Teilen:
14. und 15. Juni 2019 – Fahrt von Cruas bis nach Avignon
– 16. Juni 2019 – sonntägliche Impressionen aus Avignon

Dieser Beitrag hat 4 Kommentare

  1. Vermutlich liest ihn nur einer …. aber so bleibt mir die Erinnerung…. ansonsten schon bald vieles vergessen geht in meinem doch vollen und langsam altersschwach werdenden Hirn…

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

An den Anfang scrollen
Suche