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Lass mich nicht unterkriegen

Aufwachen – vorsichtig bewegen, fühlt sich… hmmm nicht wirklich besser an. In der Nacht als ich aufgewacht bin ist mir eingefallen, dass es vielleicht eine Entzündung/Erkältung sein könnte. Am Donnerstag, bei der Ankunft in der Bar in Sauveterre bin ich im Durchzug gesessen – dachte noch: irgendwie kühl… und verschwitzt, nix gut. Das könnte es sein. Fühlt sich nämlich nicht wie normalerweise an, wenn ich es im Rücken habe/hatte (hatte schon länger nicht’s mehr) – wenn ich mich falsch bewege oder zu schwer und vor allem falsch trage. Krame mein kleines Tübchen Wallwurzgel hervor, dass ich glücklicherweise mitgenommen habe. Genau das Richtige „entzündungshemmend und schmerzstillend“ – na also. Mal sehen ob ich sowas auch in Frankreich kriege.
 
Es hört sich alles furchtbar an ;-)… aber es tut auch weh und es beschäftigt mich nunmal sehr… und so alleine muss ich alles mit mir ausmachen, ich Armer – das ist gar nicht sooo einfach ihr Leute! Diejenigen, die schon länger alleine gereist sind, wissen das sicherlich .
 
Studiere nochmals die Wege. Ich glaube dem Lot entlang, das lass ich bleiben, so schön es wäre. Die erste Etappe ist aber mindestens 50km und keine Übernachtungsmöglichkeiten dazwischen – wenigstens nicht auf der Karte oder dem Plan. Keine Bahnlinie auf die ich ausweichen könnte. So entscheide ich mich halt wie ein „alter“ Mann vorsichtig – möchte nicht, dass es schlimmer wird, schliesslich hab ich noch gut 3 Wochen Ferien vor mir und möchte was davon haben, es geniessen können und nicht etwas unter Schmerzen durchziehen nur weil ich es vorhatte oder der sportlichen Leistung wegen. Und vielleicht, ist der Lot ja was für Sibylle und mich – von Toulouse mit dem Zug bis Cahors und dann dem Fluss entlang runter – mal sehen.
 
Ich entschliesse mich heute nur bis Agen zu fahren, gut 40km, das trau ich mir heute morgen irgendwie zu… und dann, da morgen Sonntag ist, mache ich auch Sonntag = Pause. Möchte wirklich vorsichtig sein… Alternativen: Hier bleiben, möchte ich nicht – trotz SEHR freundlichem Monsieur, aber dieses Aiguillon sagt mir irgendwie nicht zu. Einen Bahnhof hätte es – aber bei aller Ferrosexualität, das scheint mir dann doch übertrieben und schade… 
 
Nach Petit Déjeuner, Zahlen, Abschied vom SEHR freundlichen und lieben Monsieur, schwinge ich mich vorsichtig und langsam auf’s Velo. Und! Geht ganz gut. Erstaunlich, aus Erfahrung weiss ich, Velofahren geht meistens gut mit einem lädierten Rücken – wirklich. Also zurück zum Kanal… hmm 8km… da werden dann aus den 40km doch bald mal 50km. Aber langsam, langsam, schön immer pausieren. Im Schatten beim Kanal organisiere ich mir ein Hotel in Agen „Le Périgord“, nicht gerade spitzenklasse, gelegen an einem Kreisel, aber ist ja Wochenende, wird wohl nicht so schlimm werden. Alternative wäre AirBnb, schöne 2-Zimmer Wohnung… aber irgendwie – nein. Dieses ewige entscheiden – manchmal find ich das echt anstrengend. Übrigens – woher WiFi am Kanal? Hab mir in Sauveterre für 35 Franken 1 GB Datenroaming gekauft – ist praktisch und für 4 Wochen lohnt sich das doch.
 
So jetzt alles klar und ich geniesse entspannt die schöne – meist schattige Fahrt dem Kanal entlang. Schön langsam – immer wieder mal ein Stopp zum Fotografieren und Pausieren. 4km geht’s gerade neben der Autobahn entlang – dazwischen nur ein Streifen Buschwald… rauschen ganz schön laut diese Blechbüchsen. Ob die in ihren Blechbüchsen wissen neben welch wunderschönem Ort sie da vorbeibrausen? Obwohl, wüssten sie es und würden mit dem Velo fahren – wär’s ziemlich voll hier dem Kanal entlang… na ja, alles Vor- und Nachteile .
 
Um halb 12 bin ich bei Segnac-sur-Garonne – mache längere Pause auf einem Velorastplatz… habe Hunger, fahr noch den Kilometer in’s Dorf, hat sogar ein kleines Restaurant – aber irgendwie, nein doch nicht, so richtig essen mag ich nicht. Übrigens, inzwischen ist’s in der Sonne recht heiss. Mein Thermometer zeigt 30° an…. fahre also weiter. Vorbei an Weizen und Maisfeldern. Früchteplantagen… ein Stücklang hat es Kiwi’s über Kiwi’s, so weit das Auge reicht – wusste gar nicht, dass die in Frankreich so gross angebaut werden. 
 
Mann macht sich so seine Gedanken während dem Dahinrollen: dieses Frankreich ist doch ein reiches Land, soviel Essen, so fruchtbar – Felder über Felder, tausende und aber tausende Fruchtbäume und doch… auf dem Land sieht mann schon – es geht nicht gut. In den grossen Städten wie Bordeaux, Orléans, Tours, Nantes, Lyon… da scheint es gut zu gehen – aber auf dem Land? Ist denn das Wenige, das wir WIRKLICH brauchen – Essen – nicht’s wert? Geht es bald nur noch Digital? Aber digital Essen? Na ja, vielleicht gibt es ja bald 3D-Drucker, die uns das Essen herstellen – aus irgendwelchen synthetischen Pülverchen und Ingredienzien. Aber ist das denn das Wahre? Es fehlt dann doch die Energie, das Energetische, die Erde, die Liebe und Sorgfalt des Herrichtens und Kochens… ich glaube um Gesund im Herz, Körper und Geiste zu bleiben braucht es das! Also müssen wir schauen, dass es den Leuten auf dem Land, den Bauern, gut geht – wie auch immer, ob mit anständigen, wertigen Preisen oder dann mit Subventionen – wobei Ersteres sich wiederum nicht Jedermannfrau leisten kann, wenigstens im heutigen System, Zweiteres einer Umverteilung gleich kommt, sofern das Geld dafür bei den Richtigen geholt wird…
Mennfrau merkt ich habe Zeit während dem Fahren… Rücken macht sich ganz gut, spüre ihn mehr als sonst aber geht wirklich gut… hätte ich vielleicht doch den Lot rauf und so?… Nein!
 
So komme ich dann – sind doch 50km gewesen – um kurz vor zwei – zum Pont-canal d’Agen. Kanalbrücke über die Garonne… hab ja schon ein paar gesehen, aber immer wieder sehr eindrücklich. Gebaut 1839 bis 1843, 23 Bögen, 539m lang…. das diese Brücken dicht sind erstaunt mich jedesmal von Neuem… der Weg, etwa so breit wie ein Trottoir, führt dem Kanal entlang… bin irgendwie jedesmal wieder leicht verunsichert, stört mein Gleichgewichtsempfinden, das Wasser auf einer Brücke.
 
Am Ende der Brücke schaue ich links runter – was steht da? Velo-Café, in einem wunderschön renoviertem alten Pumphäusschen… oder eher Haus. Kommt doch wie gerufen für einen müden durstigen Velofahrer. Da gibt es einen Salade Fraicheur für 7 Euros. Genau sowas habe ich gesucht… und es ist wunderbar!! Ein paar Melonenschnitze, eine aufgeschnittene Tomate mit etwas Frischkäse, ein paar Salatblätter, ein paar gekochte Linsen, etwas Balsamico und Oel, frisches Brot… das ist Balsam für meinen Rücken! Dazu gibt’s ein Bio-Cola… alles Bio hier – eben von wegen siehe oben. Mannfrau stelle sich dagegen ein synthetisch gedrucktes irgendwas vor, das zwar alles enthält, digitalnahrungstechnisch… aber geniessen ist doch anders!
 
Danach fahre ich in’s Städtchen, eher Stadt… Samstägliche Mittagszeit, die meisten Läden offen, aber bei der Hitze wenig Leute. Besuch einer Apotheke: Gibt kein Wallwurz, die Dame schaut extra mit mir in ihrem Computer nach… in Frankreich gibt es das nicht … sie verkauft mir etwas ähnliches synthetisches 😏  was auch helfen sollte und Wärmepflaster. Dann ab in’s Hotel, das so ist wie ich’s mir vorgestellt hab… ein bisschen heruntergekommen, aber sauber, fällt alles ein wenig auseinander, kein warmes Wasser am Waschbecken – aber die Dusche läuft super und mit Druck… und die Leute freundlich – also, was will mann mehr.
 
Duschen, Mittagsschläfchenschäfchen… Apéro… wunderbarer z’Nacht… FERIEN (bin um halb 8 / 19:30 auf der Suche nach einem Restaurant… alle leer… denke: vielleicht Samstag Abend oder so… aber nein – schlicht einfach zu früh… gegen 9 ist dann schliesslich alles voll)… rolle heim durch die warme abendliche Stadt… Pflege meinen Rücken, Wärmepflaster, dafür keine Decke…
 

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